Definition und Eigenspannungsmessung
Alle Beanspruchungen, die im Werkstoff vorhanden sind, auch ohne dass Kräfte bzw. Lasten von außen angreifen, werden als Eigenspannungen bezeichnet. Eigenspannungen können daher auch ohne unser Wissen von Anfang an im Bauteil vorliegen: Wie alle sonstigen Spannungen summieren sie sich mit den Beanspruchungen, die von den angewandten Lasten ausgelöst werden. Hieraus folgt, dass Eigenspannungen das Verhalten der mechanischen Bauteile beeinflussen, da sie deren strukturelle Festigkeit, ihre Abmessungsstabilität, die Bruch- und die Ermüdungsfestigkeit verringern können. So begünstigt eine Zugeigenspannung z. B. die Ausbreitung eines eventuellen Risses und verkürzt dadurch die Ermüdungslebensdauer des Bauteils. Eigenspannungen begrenzen folglich die Belastbarkeit und Sicherheit der mechanischen Bauteile während ihrer Nutzung. Um diese Spannungen effektiv angehen und berücksichtigen zu können, müssen zunächst ihre qualitativen und quantitativen Merkmale bekannt sein.
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Modi der Eigenspannungsmessung: Die Dehnungsmessstreifen-Methoden
Verfahren zur Messung von Eigenspannungen: DMS-basierte-Methoden Die Eigenspannungsmessung mithilfe von dehnungsmessstreifen (DMS)-basierten Verfahren kann zerstörend oder teilzerstörend sein; hier eine Auflistung der wichtigsten Verfahren:
- sukzessive Schichtentfernung (Layer removal)
- Sachs-Methode (interne Bohrung)
- Zerlegeverfahren (Sectioning method)
- Bohrlochverfahren (Hole drilling method)
- Ringkernverfahren (Ring core method).
Eigenspannungsmessung mittels Bohrlochverfahren
Eine Methode zur Eigenspannungsmessung ist das „Bohrlochverfahren“, ein nicht invasives Verfahren, das vorzügliche Genauigkeit mit geringen Anwendungskosten verbindet. Dieser Ansatz basiert im Wesentlichen darauf, dass das im Messobjekt herrschende Spannungsgleichgewicht durch eine kleine Bohrung – in der Regel 1,8 mm x 2 mm – verändert wird. Die dadurch ausgelöste Verformung wird dann mithilfe eines rosettenförmigen elektrischen Dehnungsmessstreifens gemessen und daraus schließlich die Eigenspannung ermittelt. Das Bohrlochverfahren zählt zur Gruppe der DMS-basierten Verfahren zur Eigenspannungsmessung.
Bedeutung der Eigenspannungsmessung
Die Messung der Eigenspannungen ist insbesondere für den Entwurf und die Auslegung von mechanischen Bauteilen von wesentlicher Bedeutung, da die auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse wertvolle Entscheidungshilfen für die Art der Werkstoffbearbeitung darstellen. Dieser Aspekt ist ganz besonders für alle Phasen wichtig, die Struktur, Form und Abmessungen der Bauteile verändern können, um so das Auftreten von Materialversagen, Anlagenstillständen und mechanischen Funktionsstörungen zu vermeiden.
Ablauf der Eigenspannungsmessung mittels Bohrlochverfahren
Die Erfassung der im Werkstoff vorhandenen Eigenspannungen mit dem Bohrlochverfahren geschieht wie folgt:
- Anbringung einer Dehnungsmessstreifen-Rosette mit drei radial angeordneten Gittern;
- Ausführung einer in Bezug auf die Rosette zentrierten Durchgangs- oder Sackbohrung;
- Messung der durch die Relaxation der Eigenspannungen verursachten Verformungen;
- Berechnung der Eigenspannungen durch Auswertung der gemessenen Verformungen.
Das Unternehmen SINT Technology fertigt und vermarktet das Gerät MTS3000 oder RESTAN (Residual Stress Analyzer), mit dem sich Eigenspannungsmessungen mittels Bohrlochverfahren vornehmen und die so erfassten Messdaten mit vier möglichen Berechnungsmethoden auswerten lassen; diese Methoden sind:
- Standard ASTM E837-13 (gleichförmige Spannungen)
- Standard ASTM E837-13 (nicht gleichförmige Spannungen)
- Integral-Methode
- Kockelmann-Methode
Der Standard ASTM E837-13 ist dabei die einzige im Bereich der Eigenspannungsmessung existierende Norm.
Außer dem Bohrlochverfahren hat Sint Technology auch weitere Lösungen wie das Ringkernverfahren entwickelt; dabei handelt es sich um ein automatisches Verfahren, das auch unter der Bezeichnung Ring Core bekannt ist.
Das Ringkernverfahren dient zur Eigenspannungsmessung in einer spezifischen Werkstofftiefe.